Am 4. Dezember wählen gehen – Hofer als Bundespräsident verhindern!

Durch ein skandalträchtiges Urteil des Verfassungsgerichtshofes hat Norbert Hofer eine zweite Chance erhalten, zum Bundespräsidenten gewählt zu werden. Dass ein FPÖ-Bundespräsident einen noch dramatischeren Rechtsruck im öffentlichen Leben in Österreich bringen würde, haben viele erkannt, die auch ohne sonderliche Begeisterung für Alexander van der Bellen zu dessen knappen Sieg bei der letzten Stichwahl beigetragen haben. Hofer konnte allerdings mit jungem Image, Parolen gegen TTIP und für mehr „direkte Demokratie“ noch einmal weit über die FPÖ-Stammwähler_innenschaft hinaus Stimmen gewinnen. Viele andere konnte das weitgehend realitätsferne Wahlkampfduell hingegen gar nicht zur Stimmenabgabe ermutigen.                                                                   Am 22. Mai ist es sich noch einmal knapp ausgegangen – aber was wird am 4. Dezember passieren? Die Entscheidung liegt auch bei uns!

Was steht auf dem Spiel?

  • Die FPÖ ist für all jene ein Problem, die vom in Österreich grassierenden Rassismus eingeschränkt und bedroht werden. Sie vergiftet das politische Klima, indem sie Lügen über die Gefährlichkeit und vermeintlichen Privilegien von Geflüchteten verbreitet und Stimmung gegen Muslim_innen macht. Eine Folge sind zurzeit erhöhte Aggressivität und häufige Übergriffe auf der Straße, sowie der Anstieg rechtsextremer Straftaten. Egal wie hart die Verschärfungen des Asylrechts oder die Abschottung an den Grenzen von der Regierung selbst durchgezogen werden – die FPÖ setzt dem immer noch eins drauf: sie fordert Kopftuchverbot, Massenabschiebungen, Kürzungen von Sozialleistungen, unterstützt den Waffenkauf in der Bevölkerung, etc. Mit Hofer bekäme diese Hetzpolitik die Legitimität des höchsten Amtes im Staat.
  • Die FPÖ bekämpft die Gleichstellung von Männern und Frauen und die Gleichberechtigung aller sexuellen Orientierungen. Hofers Angriffe auf das Abtreibungsrecht ist der Ausdruck eines Familienbildes, das die Beziehungen zwischen Männern und Frauen um 50 Jahre zurückwerfen will. Zum Repertoire der FPÖ gehören die Kritik an Frauenhäusern, die Ablehnung der „Homo-Ehe“, die Verharmlosung von sexueller Belästigung. Gewalt gegen Frauen wird nur thematisiert, wenn sie als Vorwand dient, um gegen Ausländer zu hetzen. Viel zu wenig beachtet, drückt sich dieser Sachverhalt im Wahlverhalten von Frauen aus – hätten an der letzten Stichwahl nur Frauen teilgenommen, hätte Hofer haushoch verloren. Die FPÖ-Hetze ist zentraler Faktor eines sich radikalisierenden rassistischen und gleichzeitig frauenfeindlichen Klimas, wie es sich auch in den Hasspostings gegen Journalistinnen und anderen Frauen des öffentlichen Lebens zeigt (siehe Falter-Story).
  • Die FPÖ ist eine Bedrohung des demokratischen Lebens in Österreich. Hofers Ankündigungen, nach eigenem Gutdünken Regierungen zu entlassen und neu zu bestellen, zeugt von einem autoritären Amtsverständnis, das die Rechten in ganz Europa und darüber hinaus charakterisiert. Wo sie an die Macht kommen, werden demokratische Kontrollmechanismen umgangen, Medien eingeschüchtert, Freiheiten eingeschränkt und Repressionsorgane ausgebaut.
  • Die Sozialpolitik der FPÖ ist keine. Nicht nur ihr Abstimmungsverhalten bei Steuerprivilegien für Konzerne, Makler_innengebühren oder Bankenabgabe, zeigt auf welcher Seite diese Partei steht. Wo sie regieren darf, verschärft sie eine neoliberale Kürzungspolitik (Stichwort Mindestsicherung), von der die Allermeisten nichts zu gewinnen haben.
  • In den letzten Wochen kam hinzu, dass die FPÖ sich ideologisch schärfer positioniert. Straches Hymnen-Posting aus den Händen des Hackenkreuzlied-Machers, oder der Auftritt Kickls beim rechtsextremen Kongress in Linz, sind Ausdruck dieser Entwicklung. Dahinter dürfte zum einen natürlich die gestiegene Selbstsicherheit stecken. Zum anderen will man für Wahlerfolge aber auch nicht zu viel der eigenen ideologischen Basis aufgeben. Dadurch nimmt die FPÖ zwar eine Niederlage bei der BP Wahl in Kauf, kann das Wahlergebnis aber trotzdem als Erfolg verbuchen, wenn sie gleichzeitig ihre ideologische Basis ausbaut.

Der bisherige BP-Wahlkampf hat all den Gründen gegen Hofers Wahl wenig bis keinen Ausdruck verliehen. Van der Bellens Kampagne beschränkte sich weitgehend auf die Gewinnung bürgerlicher Wähler_innengruppen mit wenig Abgrenzungsbedürfnis nach rechts: die Verteidigung der neoliberalen EU gegen den FPÖ-Populismus machte er zu seinem Steckenpferd. Sein Unwillen, der rassistischen Stimmung konsequent entgegenzutreten, schwächte seine Stellung gegenüber Hofer, der ihn bei dem Thema Flüchtlinge/Grenzen leicht in die Defensive zwang und seine eigenen Positionen umso einfacher als „vernünftige“ Stimme „mitten im Leben“ präsentieren konnte. Hofers schwacher Kontrahent hat die FPÖ in ihrer Salonfähigkeit bestärkt, anstatt ihre rechtsextreme Politik anzugreifen. Deswegen reicht es auch nicht, sich einfach in den VdB-Wahlkampf einzureihen.

Unsere Chance liegt in der Mobilisierung all jener, die aus den verschiedenen oben aufgezählten Gründen kein Bock auf einen FPÖ-Bundespräsidenten haben. Und das sind Viele, gerade auch in unserem Umfeld. „Auf die Sorgen der Menschen eingehen“ bedeutet im Kontext dieser Wahl, auf die Sorgen all jener einzugehen, denen die rassistische und frauenfeindliche Politik der FPÖ Probleme bereitet.

Gehen wir dem Wahltag nicht wie einer unausweichlichen Katastrophe entgegen! Aktivieren wir uns und zeigen wir, worum es bei dieser Wahl wirklich geht. Drehen wir den Spieß um – zeigen wir einer FPÖ, die die meisten von uns zu Menschen zweiter Klasse degradieren möchte, dass wir mehr sind und es eine breite Front gegen ihre Politik geben kann. Dies sollte unsere Aufforderung und unsere politische Stoßrichtung sein, wenn wir ins Wahlkampfgeschehen eingreifen.

 

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