Kann es so etwas wie ein burschenschaftliches Andenken an 1848 geben?

Ein „Fest der Freiheit“ im Gedenken an die Märzaufstände 1848 wollen Burschenschafter feiern. Die Revolution 1848 endete mit der Niederschlagung der Aufständischen; die habsburgische Zentralgewalt konnte sich restaurieren. Die heutigen Burschenschaften gehören nicht zu den Helden der Revolution – deshalb haben sie auch kein Recht, das Andenken daran für sich zu beanspruchen.

Bereits anlässlich des 50. Jahrestages der Märzrevolution 1848 sorgte sich der sozialdemokratische Historiker Franz Mehring um die Vereinnahmung der Errungenschaften und Erfolge der Revolution durch das Bürgertum. Verwundert über den ideologischen Umschwung der „feigen“ bürgerlichen Kräfte, das einen „verräterischen Pakt auf Kosten der Arbeiter[_innen]“ mit dem Adel schloss, hält er fest, dass das Andenken an die Märzrevolution „dem klassenbewussten Proletariat [gehört], sonst hat niemand einen historischen Anspruch darauf“. Denn, so Mehring, damals haben „fast nur Proletarier[_innen] auf den Barrikaden gekämpft“, die ArbeiterInnen haben „den Blutsold der Märzrevolution“ bezahlt. Heute meinen wieder (klein)bürgerliche Kräfte – die Burschenschaften – das Andenken der Märzrevolution wahren zu müssen. Dabei ist diese Geschichte kein Heldenmythos der Burschenschaften, sondern eine Geschichte von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und Auseinandersetzungen.

Vorbedingungen der bürgerlichen Revolutionen

Um die Revolutionen in ganz Europa in den Jahren 1848/1849 verstehen zu können, muss die radikale Veränderung der ökonomischen und sozialen Bedingungen mit bedacht werden. Die industrielle Revolution brachte Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts nicht nur die Dampfmaschine und damit die Eisenbahn als völlig neues Transportmittel hervor, sondern schuf auch völlig neue Lebensbedingungen. Ganze Heerscharen an verarmten Bauern, Mägde und Knechte strömten in die rasch wachsenden Städte, wo Fabriken und neue Industrien entstanden, um auf völlig neue und viel effizientere Weise zu produzieren. Diese Veränderung an der ökonomischen Basis ermöglichte den Aufschwung des modernen Bürgertums als besitzende Klasse der neuen Produktionsmittel und des Proletariats als das in den Fabriken und an den Maschinen arbeitende Volk. Die alte Herrschaft begann zu bröckeln. Sehr treffend charakterisierte Friedrich Engels, diese Situation über den nahenden Niedergang des reaktionären Hauses Habsburg durch den technischen Fortschritt:

„Der Dampf hat sich durch die Alpen und den Böhmerwald Bahn gebrochen, der Dampf hat der Donau ihre Rolle eskamotiert, der Dampf hat die östreichische Barbarei [den Feudalismus] zu Fetzen gerissen und damit dem Hause Habsburg den Boden unter den Füßen weggezogen.“

Schnell begann die neue Bourgeoisie, unterstützt durch die Macht ihres Reichtums, des Kapitals, demokratische Mitbestimmung und Rechte zu fordern.

Auf der anderen Seite wurden immer mehr Menschen (Arbeiter_innen) abhängiger von einem neuen Entlohnungssystem, wobei der Konkurrenzkampf um die neu entstandenen Märkte zwischen den einzelnen Fabrikherren die Löhne der Arbeiter_innen von Anfang an bis ins Unerträgliche niederhielt. Die ArbeiterInnen produzierten Reichtum nicht für sich, sie wurden ärmer, je mehr sie an Reichtum produzierten, kritisierte bereits Karl Marx an der neuen kapitalistischen Gesellschaftsform. Die Menschen in Wien mussten ihr gesamtes Geld für Nahrung ausgeben und konnten keine Steuern mehr bezahlen(vor allem die so genannte Verzehrsteuer erregte den Unmut der proletarischen Masse), was den Einsatz von Soldaten zur Steuereintreibung erhöhte. Im Winter 1847 kam es bereits zu Plünderungen von Bäckereien in den Vororten. Durch die Wirtschaftskrise in der zweiten Hälfte der 40er Jahre stellten viele Fabriken nur mehr nach Nachfrage Arbeiter_innen ein oder entließen sie massenhaft. Viele Fabriken mussten gänzlich zusperren. Die entstandene Massenarbeitslosigkeit war neben Wohnungsnot das größte soziale Problem in den Städten, so auch in Wien. Ernst Violand, Zeitzeuge, Reichstagsabgeordneter und „sozialer Demokrat“ schrieb zum Beispiel darüber:

“Schon seit einigen Jahren vor 1848 hatten sich die Arbeiterzustände bedeutend verschlimmert, die Brotlosigkeit verbreitete sich immer mehr,…[es] wuchs die Zahl beschäftigungsloser Fabrikarbeiter wegen Stillstandes mehrerer Fabriken, Anwendung neuer Maschinen und wegen Verarmung mehrerer Gewerbeleute, welche in die Klasse der Arbeiter traten… Das schaudervolle Elend dieser Fabriksklaven, namentlich im Winter, ging in das Unglaubliche, und doch waren sie überglücklich, wenn sie nur nicht ihren Dienst verloren; denn dann blieb ihnen nichts übrig, als zu verhungern oder zu stehlen!“

Trotz der Massenarbeitslosigkeit und Armut schienen die Städte dennoch als einzige Alternative zur noch schlimmeren Armut am Land zu gelten.

Revolutionen überall und in Wien!

Diese neue ArbeiterInnenklasse litt jedoch nicht nur an den üblen Arbeitsbedingungen (Kinderarbeit, 16-Stundenarbeitstag, kein Mutterschutz,…) und der grassierenden Armut, die vielleicht vergleichbar mit der heutigen in China oder Vietnam sind, sie begann sich zeit ihres Bestehens gegen diese Verhältnisse zu wehren. So beispielsweise die Sansculotten in der Französischen Revolution 1789-1799, oder die mechanics in der Amerikanischen Revolution in etwa zur selben Zeit; auch in Großbritannien entwickelte sich mit den chartists die erste große Massenbewegung, mit dem ersten Generalstreik der Geschichte 1842 in Lancashire, als Arbeiter_innen die Brennöfen abschalteten und von Fabrik zu Fabrik marschierten, um für Brot und besseren Arbeitsbedingungen zu demonstrieren. Just in diesen Jahren stiegen die Preise für Lebensmittel, eine massive Arbeitslosigkeit setzte ein, Hunger breitete sich aus – der Kapitalismus stürzte in eine tiefe Krise. Zu Aufständen kam es auf Sizilien gegen die spanische und in der Lombardei gegen die österreichische Herrschaft. Die Französische Februarrevolution 1848, fungierte als auslösender Funke für die Revolutionen 1848/1849 innerhalb des Bundes deutscher Länder. All diese Aufstände und Revolutionen waren ihrem Ziel nach nicht nur bürgerlich-demokratisch, sondern angeheizt von sozialen Spannungen und dem Kampf gegen die Verelendung der Massen.

So kam es beispielsweise auch schon vor dem März 1848 in den Wiener Vorstädten zu Hungerrevolten und Aktionen gegen Preiswucherer. In Wien war Anfang März die Stimmung am überkochen. Die Berichte über revolutionäre Aufstände in Europa und die damit erzielten Erfolge, die Rede des ungarischen Unabhängigkeitskämpfers Lajos Kossuth vor dem Pressburger Landtag mit der Forderung nach grundlegenden Reformen im ganzen Habsburgerreich und die Unruhe bei den Liberalen und Arbeiter_innen heizten die Stimmung in Wien an. Die Versammlung der niederösterreichischen Stände am 13. März 1848 in Wien diente als Brennpunkt für Petitionen der Bürger_innen, welche Reformen forderten. Das entscheidende Element für den Erfolg und die Radikalität dieser Bewegung war aber das Bündnis, welches an diesen Tagen entstanden war. Bürger_innen, Studenten (Studentinnen waren noch nicht zugelassen) und Arbeiter_innen waren gemeinsam am Sturz der Metternich-Regierung beteiligt und jedeR schien eine Rolle in der Revolution zu erfüllen. Die Studenten bildeten den treibenden Kern der Proteste, wurden aber durch Arbeiter_innen aus den Vorstädten, die in die Innenstadt gekommen waren, verstärkt. Gleichzeitig brachen in den Vorstädten selbst massive Unruhen unter der Arbeiter_innenschaft und den verarmten arbeitslosen Massen aus. Aufgrund dieser Umstände einer internationalen – vor allem europäischen – vor allem proletarischen Bewegung wäre es, unsinnig die Geschichte eines spezifischen (deutschen) Volkes zu erzählen, wie die Burschenschaften es gerne tun. „Die Revolution von 1848 war keine deutsche Lokalangelegenheit“, fasst Engels zusammen, „sie war ein einzelnes Stück eines großen europäischen Ereignisses. Mehring 1887 rückblickend dazu: „Was die patriotische Geschichtsschreibung … zu erzählen weiß … ist eitel Humbug!“

Die Revolution 1848 und die Burschenschaften

Hier genau liegt das Problem der burschenschaftlichen Geschichtsschreibung. Es kann zwar nicht geleugnet werden, dass Studenten eine wichtige Rolle in den Revolutionen eingenommen haben. Das Bürgertum wie das Proletariat und die Studenten waren sich in vielen Punkten einig: „in der Frage der Verfassung, der Schwurgerichte, der Pressefreiheit usw. Sie war daher, zum mindesten im März 1848, mit Leib und Seele bei der Bewegung, und die Bewegung ihrerseits erhob die Bourgeoisie – wenigstens in der Theorie – sogleich zur herrschenden Klasse“, wie Engels in seiner Aufarbeitung der bürgerlichen Revolutionen schrieb. Wie im Monat zuvor die Herrschaft des Bürgerkönigs Louis Philippes in Frankreich dank der Revolution abrupt endete, musste am 13. März 1848 der verhasste diktatorisch regierende Fürst Metternich aus Wien fliehen, fünf Tage später kapitulierte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. Die Herrschaftsform dieser neuen herrschenden Klasse war nicht mehr der absolutistische (Ständte-)Staat, vielmehr schossen in allen deutschen Staaten Parlamente und Versammlungen aus dem Boden, mit Frankfurt als Sitz der Nationalversammlung, welche über alle deutschen Staaten (dem Deutschen Bund) demokratisch regieren sollte. Zumindest dem eigenen Anspruch nach, offiziell hatte sie keine gesetzgebende Macht, diese lag weiterhin bei den alten Machthabern im sogenannten Bundestag. Um Gesetzeskraft zu erlangen, hätte sie vor allem eine einige bewaffnete Macht gebraucht. Dies wurde jedoch von den Abgeordneten abgelehnt, da sie „vom ersten Tag ihres Bestehens … Angst vor der geringsten Volksbewegung“ (Engels) hatte. So setzten sie auf Verhandlungen mit den alten Mächten. Die neu entstandenen Parlamente bzw. (National-)Versammlungen bestanden wesentlich aus dem reicheren Bürgertum. Besitzlose und zum Teil Personen ohne eigenen Hausstand erhielten keinen Zutritt zum Parlament.

Das Bürgertum bekundete kein Interesse daran, ihr Leben oder ihre Karrieren für mehr soziale Rechte für die Masse aufs Spiel zu setzen. Denn das Verhalten des besitzlosen Proletariats gegenüber dem bürgerlichen Eigentum, wie militante Aktionen gegen Fabriken und deren Maschinen, unbeliebte Bäckereien und Fleischereien usw., ließ bereits im März die Rufe des Besitzbürgertums nach Sicherheit und Ordnung laut werden. Mit der Forderung nach einem Recht auf Arbeit sahen sie schon „das Gespenst des Kommunismus“ umhergehen. Denn, wie Marx schrieb:

„Das Recht auf Arbeit ist im bürgerlichen Sinn ein Widersinn, ein elender, frommer Wunsch, aber hinter dem Rechte auf Arbeit steht die Gewalt über das Kapital, hinter der Gewalt über das Kapital die Aneignung der Produktionsmittel, ihre Unterwerfung unter die assoziierte Arbeiterklasse, also die Aufhebung der Lohnarbeit, des Kapitals und ihres Wechselverhältnisses. Hinter dem „Recht auf Arbeit“ stand die Juniinsurrektion.“

Während das Bürgertum versuchte bald schon die Bewegung zumindest auch in Österreich und Frankreich mit der von ihnen gebildeten Nationalgarde zu ersticken, nahmen die (deutschen) Studenten „eine Mittelstellung zwischen Bourgeoisie und Arbeiter[Innen]klasse“ (Engels) ein. Länger als das Bürgertum, welches bald schon in Verhandlung mit der Aristokratie trat, um die Massen zu demobilisieren, kämpften die Studenten an der Seite der Arbeiter_innen. Doch auch wenn viele Studentenverbindungen aufrichtig eine demokratische Gesinnung hatten – viele Burschenschafter sind in der deutschen Revolution für die bürgerliche Demokratie auch gefallen – so prägte doch ein deutscher Nationalismus ihr Streben. Dieser Nationalismus entwickelte sich vor allem im Befreiungskrieg Anfang des 19.Jahrhunderts gegen die französische Vorherrschaft. War sie zuvor als politische Willensgemeinschaft gedacht, galt sie nun als völkische Gemeinschaft. Der Kampf der Burschenschafter erfolgte dabei keineswegs aus Idealismus, sondern vor allem wegen der Unsicherheit ob ihrer Zukunft. Die Universitäten waren überfüllt und die Möglichkeit für Akademiker, im überbesetzten Staatsdienst aufgenommen zu werden, sank. Noch dazu kamen viele der Studenten aus kleinbürgerlichen Familien – bis hin zu Söhnen von Beamten – und hatten ohne finanzielle Unterstützung Schwierigkeiten, für das tägliche Leben zu sorgen. Ihre soziale und wirtschaftliche Situation war so schlimm, dass ZeitgenossInnen vom „Proletariat der Studenten und Beamten“ sprachen. Auf der einen Seite von ähnlichen sozialen Problemen wie Arbeiter_innen betroffen, suchten sie aber keine soziale, sondern nationalistische Lösungen und standen letztendlich auf Grund ihrer bürgerlichen Herkunft und den daraus resultierenden Ansprüchen den Arbeiter_innen gegenüber. Ihre einzige politische Organisation waren die Burschenschaften.

Der Niedergang der Revolutionen

Nachdem es am 21. August 1848 zur ersten Frauendemonstration gegen Lohnkürzungen in Österreich kam und zwei Tage später die bürgerliche Nationalgarde in Wien eine Arbeite_innendemonstration in der sogenannten Praterschlacht blutig niedergeschlagen hatte, kam es aufgrund eines drohenden Krieges gegen Ungarn noch einmal zum Aufstand gegen die noch nicht gänzlich abgesetzte alte Herrschaft der Habsburger. Ein letztes Mal konnten sich Bürgertum, Arbeiter_innen und Studenten vereinigen. Kaum war jedoch die Kriegsgefahr gebannt, führte die Uneinigkeit der verschieden sozialen und politischen – bürgerlich oder proletarisch revolutionären – Kräfte zur Bewegungslosigkeit, während sich die kaiserliche Armee neu formieren konnte, um Ende Oktober 1848 die Wiener Revolution endgültig niederzuschlagen. 2.000 Menschen starben, Wien war verwüstet.

Spielten die Burschenschaften und Studentencorps zu Beginn der bürgerlichen Revolution tatsächlich eine führende Rolle, zogen sie sich immer mehr aus den Kämpfen zurück. Engels, der selbst aktiv im Willichschen Freikorps kämpfte, erinnert sich: „Auch unser Korps, wenn auch keineswegs entmutigt, war doch durch Verluste, Krankheiten und die Desertion der Studenten auf wenig mehr als 500 Mann zusammengeschmolzen“. Dieser Rückzug der kleinbürgerlichen Studenten vor allem durch die Einsicht, dass die Revolution nicht mehr abgeschlossen werden kann, schwächte die Bewegung. Es gab kein Mittelding mehr zwischen einer nationalen Reichsverfassung und der revolutionären Bewegung. Denjenigen, „denen es ernst war mit der Bewegung, war es nicht ernst mit der Reichsverfassung, und denen es ernst war mit der Reichsverfassung, war es nicht ernst mit der Bewegung“, so schreibt Engels.

Und mit der Bewegung war es den Burschenschaften nicht ernst, für sie steht ihr „Traum vom [deutschen] Reich“, wie es beispielsweise die Burschenschaft Aldania Wien (auf ihrer Homepage) schreibt, im Vordergrund. So bildete sich mit der Akademischen Legion ein studentisch-burschenschaftlicher Bestandteil der Nationalgarde, der weitgehend aus der radikalen Intelligenz bestand. Trotz ihrer Radikalität kann auch die Akademische Legion nach wie vor als Element der bürgerlichen Revolution gesehen werden, auch wenn sie mitunter Verbindungen zu den Arbeiter_innen hielt. Beim Prateraufstand schaute die Akademische Legion in wohlwollender Neutralität dem Gemetzel an den Arbeiter_innen zu. Die Arbeiter_innen der Vorstädte wurden generell als eine Art Hilfstruppe für die Anliegen der deutschen ‚Demokraten‘ verstanden und nicht als eigenständiges politisches Subjekt. Nach Meinung der ‚Demokraten‘ kämpfte die bürgerliche Revolution schließlich für das ganze Volk und bestand auf eine Unzertrennlichkeit der Interessen von Bürgertum und Arbeiter_innen als Staatsbürger. Die sich widersprechenden Interessen zwischen Arbeiter_innen und Bürgertum wollten nicht wahrgenommen werden.

So erklärt auch der österreichische Rechtsextremismusforscher Heribert Schiedel, dass es zur Legendenbildung der Burschenschaften gehört, dass sie es schafften, ArbeiterInnen, Bauern und das Bürgertum unter der schwarz-rot-goldenen Fahne zu vereinen. Die Vereinigung war jedoch vor allem durch die partiell gleichen sozialen und politischen Forderungen der beiden Klassen geschuldet. Manche Forderungen, wie die nach Demokratie und der Abschaffung der Zensur teilten alle Gruppen. Andere Forderungen, wie das Recht auf Arbeit oder höhere Löhne oder – im Falle der Frauen – Löhne überhaupt, waren lediglich die Forderungen der arbeitenden Masse der verschiedenen Länder. Bürgertum und Studenten hatten mit wenigen Ausnahmen zum neu auftretenden revolutionären Subjekt, dem Proletariat, höchstens ein instrumentelles Verhältnis. Solange es um die Durchsetzung der bürgerlichen Demokratie ging, wurde die Arbeiter_innenschaft mobilisiert, sobald der „deutschnationale Kitt zu zerbröseln begann und das Weiterschreiten zur sozialen Revolution drohte, wurde sie als gefährliche Klasse schnell wieder fallen gelassen, ja bekämpft“ (Schiedel). Genau dieses Streben nach Einheit der deutschen Nation veranlasste die Burschenschaften sich aus der Revolution zurückzuziehen oder sie gar zu bekämpfen. Dadurch konnte die Konterrevolution letztendlich siegreich die Arbeiter_innenaufstände und damit die ganze Demokratie niederschlagen. Von der Märzrevolution 1848 blieb nicht viel über. Österreich, Preußen und Frankreich erlebten erneut absolutistische Herrschaftsformen (Neoabsolutismus). Um ein echtes Andenken der Revolutionen 1848 und damit das Andenken an die Demokratie zu wahren, sei hier noch einmal Engels zitiert:

„Von den Hunderten und Tausenden von Arbeiter_innen [von mir gegendert], die die Kämpfe ausgefochten, die auf den Schlachtfeldern gefallen, die in den Rastatter Kasematten lebendig verfault sind oder jetzt im Auslande allein von allen Flüchtlingen das Exil bis auf die Hefen des Elends durchzukosten haben – von denen spricht niemand. Die Exploitation der ArbeiterInnen ist eine althergebrachte, zu gewohnte Sache, als daß unsre offiziellen ‚Demokraten‘ die ArbeiterInnen für etwas andres ansehen sollten als für agitablen, exploitablen Rohstoff, für pures Kanonenfutter. Um die revolutionäre Stellung des Proletariats, um die Zukunft der Arbeiter_innenklasse zu begreifen, dazu sind unsre ‚Demokraten‘ viel zu unwissend und bürgerlich. […] Liegt es aber nicht im Interesse der sog. Demokraten, solche ArbeiterInnen anzuerkennen, so ist es die Pflicht der Partei des Proletariats, sie so zu ehren, wie sie es verdienen.“

Michael

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