Strache im braunen Sumpf

Rezension des gleichnamigen Buches von Hans – Henning Scharsach

„Da haben wir’s, schwarz auf weiß“, ließe sich nach der Lektüre von Hans-Henning Scharsachs Strache im braunen Sumpf denken. Und wir haben es, schwarz auf weiß, schon wieder, dass hinter dem blauen Anstrich der FPÖ nur braune Scheiße brodelt.
Scharsach, der einst mit Haiders Kampf am polierten Lack der selbstdeklarierten „sozialen Heimatpartei“ kratzte, knüpft daran an, und will „nicht nur die Wende der FPÖ, sondern auch die Verschmelzung zweier Milieus“ dokumentieren, und meint damit: „Auf der einen Seite die Welt jener Strategen der Macht um FPÖ – Chef Strache, die im Parlament arbeiten, in der Hofburg tanzen, im Scheinwerferlicht der Fernsehkameras als selbst ernannte „Patrioten“ das große Wort führen und sich für höchste Ämter qualifiziert fühlen. Auf der anderen Seite die finsteren Keller einer Unterwelt hasserfüllter rassistischer Hetzer, unversöhnlicher Antisemiten, brauner Geschichtsfälscher, ewig gestriger Hitler – Nostalgiker, vorbestrafter Auschwitz – Leugner und rücksichtsloser Gewalttäter.“
Obwohl Scharsach sein Buch als politisches Sachbuch versteht, ist er um Nachvollziehbarkeit bemüht, und bei einem genaueren Studium der Quellen erklärt sich, warum wir es nicht erstmalig, sondern schon wieder schwarz auf weiß haben: Tages- und Wochenzeitungen, Fernsehinterviews, etc., dh. ein großes mediales Spektrum wird abgegrast, die Versatzstücke, die wir kennen, akribisch zusammengetragen und als Gesamtkonvolut der LeserIn präsentiert. Die Informationen sind also nicht neu, Scharsach gebührt vielmehr der Dank, sie gesammelt und in einen Kontext gepackt zu haben.
Scharsachs Werk wird im Klappentext als „Polit – Thriller“ bezeichnet und das ist es definitiv nicht, wenn als Hauptcharakteristikum eines Thrillers die „Spannung“ und der „Nervenkitzel“ gesehen werden, die in der RezipientIn ausgelöst werden sollen. Vielmehr evoziert Scharsachs Werk aufgrund der geballten Ladung an Informationen über die Verbindung bis hin zur Überlappung der drittstärksten Partei Österreichs mit der gewalttätigen Neonaziszene, revisionistischen „Wissenschafern“ und deutschtümelnden rechtsextremen Burschenschaftern ein beinahe körperliches Grauen. Vielen Fragen drängen sich auf, deren Beantwortung nicht Scharsachs Anspruch ist, viele von ihnen beginnen mit „Wie kann es sein, dass …“: „Wie kann es sein, dass eine derartige Partei gewählt wird?“, „Wie kann es sein, dass so viele dieser Menschen nicht vieljährige Haftstrafen absitzen?“, etc.
Scharsachs Buch richtet sich an eine breite LeserInnenschaft, vor allem weil es von einer breiten LeserInnenschaft mit Gewinn gelesen werden kann. Wer im Vorfeld wenig informiert ist, wird danach um viele Einblicke reicher sein, wer die Sachverhalte eigentlich schon kennt, bekommt sie hier in gestraffter, leicht lesbarer Form, und kann dieses Buch als Argumentationshilfe verstehen, weil er / sie darauf verweisen kann.
Das oben genannte Grauen, und die Fragen, deren Ursprung ein ungläubiges Unverständnis ist, dass derartige Dinge von einem so genannten Rechtsstaat ignoriert oder gar getragen werden, führt unweigerlich auch zu einer anderen Frage: „Was kann dagegen getan werden?“ oder „Wie kann die FPÖ, ihr brauner Kern und ihr brauner Anhang gestoppt werden?” Strache im braunen Sumpf kann diese Fragen nicht beantworten, sein Verdienst ist in erster Linie, sie überhaupt aufzuwerfen.

This entry was posted in Rezension and tagged , , , , . Bookmark the permalink.